Interview mit dem Präsidenten Pf. Steven H. Fuite

“Es gibt noch so viel zu tun”

Europa kämpft mit der großen Zahl von Menschen, die auf der Flucht vor Krieg, Armut, Hunger sind … und an den Grenzen stranden oder im Maximilianpark in Brüssel kampieren. Regierungen fahren einen Schlingerkurs zwischen Humanität und strikter Anwendung des Gesetzes, während Bürger als Reaktion auf die in ihren Augen unbarmherzig agierende Regierung gestrandeten Migranten einen herzlichen Empfang im eigenen Haus bereiten.

Wie ist die Position der Kirche in dieser Lage?

Rev. Fuite: “Die Kirche hat eine natürliche Verbindung zu Menschen in Not. Die Bibel, mit ihrem zentralen Begriff der Suche nach dem Land der Verheißung oder – neutestamentlich “dem Königreich Gottes”, ist im gewissen Sinne eine große Fluchtgeschichte. Die VPKB hat sich im Rahmen des Projekts “Humanitäre Korridore” für die Aufnahme von zwei syrischen Familien engagiert. Die erste Familie kam am 22. Dezember letzten Jahres am Flughafen Zaventem an und wird von zwei unserer Wallonischen Kirchengemeinden betreut. Im nächsten Frühjahr hoffen wir, eine zweite Familie begrüßen zu können, die in die Obhut einer niederländischsprachigen Kirche kommt.”

Was bedeutet das für die Ortskirchen?

“Ich sehe kirchliche Gemeinschaften, die seit Jahren am eigenen Leibe erfahren, dass sie immer weniger zustande bringen. Jetzt reißen sie sich am Riemen, wo ein konkretes Ziel auftaucht. Weißt du, der Umgang mit dem Flüchtling verändert deinen Blick auf die Welt, also veränderst du dich auch. Die Kirchen scheinen erwacht zu sein: Es gibt noch so viel zu tun!”

Willst du sagen, dass der Flüchtling im Wesentlichen die Rettung der Kirche ist?

“Auf jeden Fall bringt es die Kirche zu ihrem Wesen zurück: zum Dienst in der Welt. Der Ruf, den der Flüchtling an unsere Adresse sendet, ist stark in der biblischen Geschichte verwurzelt. Jeder Mensch ist von Gott geschaffen. Wenn ein Mitmensch in Not einen Appell an uns richtet, ist es die Stimme Gottes… . Auch in der meist sanft schlafenden Kirche scheint noch eine tiefe Liebe zu Gott und zum Nächsten zu wohnen.”

Besteht nicht die Gefahr einer Sogwirkung durch die Einrichtung eines solchen humanitären Korridors?

“Das ist eine politische Streitfrage, für die Du eine konkrete Person nicht opfern kannst. Du hilfst jemandem, der vor deiner Tür steht und dir in die Augen schaut.”

Gilt das nicht für die Transmigranten des Maximilian-Parks? Sie müssen nicht extra nach Belgien gebracht werden. Sie sind bereits vor unserer Haustür.

“Wir ziehen es vor, Menschen auf einem sicheren Weg nach Belgien zu bringen, und helfen nicht dabei, entwürdigende Routen des Menschenhandls aufrecht zu erhaltenDie humanitären Korridore ermöglichen die strukturell legale Aufnahme durch (kirchliche) Behörden. Aber gleichzeitig erkenne ich, dass dies keine Antwort ist, die leicht fällt.”

Interview: Annet Sinnema – Buurman

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